Springblut
Springpferdezucht aus Überzeugung mit Vollblut!

Tagebuch Ben

11.05.2010 – Ben ist da!

Nach 3 Wochen über Termin bringt Dance ohne große Vorzeichen früh morgens um 05:00 Uhr ein Hengstfohlen zur Welt. Der Anruf erreicht mich kurz darauf und ich brause mit dem Auto zum Stall. Bunt wäre er, bin ich am Telefon schon vorgewarnt worden, mit großer Blesse. Aber trotzdem muss ich unweigerlich grinsen, als ich den bunten Vogel das erste Mal sehe: Der hat wirklich alles an Farbe mitgenommen was ging! Ein echter Farbtupfer neben der Mutter.

Die Beine biegen sich noch spinnenartig unter der Last des Körpers, aber dennoch steht er schon wacker aufrecht. Ganz ohne Hilfe sucht er zielstrebig die Milchbar. Als Maidenstute ist Dance damit noch etwas überfordert, der Euter drückt offenbar und sie weicht dem Fohlen quiekend aus. Aber der Kleine beweist schon jetzt Kampfgeist: Kaum angedockt, lässt er sich nicht mehr abschütteln! Dance steht auf 3 Beinen da, um den Sohn nicht zu treten, weicht aber noch immer aus. Das Nachrücken der Beine vergisst der Kleine offenbar vor lauter Milchgenuß; die Spinnenbeine werden jedenfalls lang und länger, der Hals auch, das Konstrukt verliert an Stabilität… aber loslassen tut der Kleine trotzdem nicht! Dance ist irritiert, sieht sich auf 3 Beinen stehend immer wieder nach dem Kleinen um, der da am Euter hängt. Der setzt sich durch, der junge Mann!

Als sich der Kleine schlafen legt, steht seine Mutter dicht bei ihm, riecht und leckt an seinem Fell. Wenn der Bub sich in ihren Augen zu lange nicht rührt, stupst sie ihn mit rührender Vorsicht mit dem Huf an und wartet auf ein Lebenszeichen des Fohlens. Erst wenn das auch erfolgt, ist sie wieder beruhigt. Aber trotz ihrer sichtbaren Sorge im Umgang mit dem Fohlen, lässt sie uns ganz selbstverständlich ihren Sohnemann inspizieren.

Sehr niedlich dann auch der erste Kontakt mit Dances bester Freundin: Die Annäherung an das Fohlen gestattet Dance der Araberstute ohne jede Drohung, nimmt aber dabei den Kopf nicht eine Sekunde auch nur einen Zentimeter vom Fohlen weg. Sicher ist sicher.

14.05.2010 - Kleiner Mann mit klaren Vorstellungen!

3 Tage ist er alt, aber wehe etwas läuft nicht nach seiner Vorstellung! Muttern hält beim Saufen nicht still, da werden missmutig die Ohren angelegt, der Kopf geschüttelt und auch mal aufgestampft. Steigerungsfähig ist das Ganze noch mit einem angedeuteten Kick in Richtung Mutter. Unglaublich!

Wenn er dann etwa für seine Vivatol-Gabe von uns auf der Weide abgegriffen wird, piaffiert er erst einmal trotzig auf der Stelle, auch erste Levade-Eindrücke gibt er zum Besten. Die eigentliche Verabreichung der Maulspritze findet er scheinbar gar nicht so schlimm, die schluckt er jedenfalls anstandslos. Aber diese Erniedrigung gegen seinen Willen festgehalten zu werden scheint ihm wohl unerträglich. Was ein Charakter!

18.05.2010 - Ohne mich!

Dance wird mehrfach am Tag zugefüttert und dazu von der restlichen Herde zum Stall weg geführt, um dort ihr Futter zu erhalten. Bald aber steht fest, dass Ben keinen Grund sieht seine Mutter zum fressen zu begleiten.

Das äußert sich dann folgendermaßen: Er geht noch bei Fuß mit bis zum Weidetor, wie es sich für ein Fohlen im zarten Alter von 7 Tagen wohl auch gehört. Aber dort verlässt er nicht etwa mit ihr die Weide, sondern dreht sich um und galoppiert den Hügel hinauf zurück zur Herde. Auf halber Höhe angekommen bleibt er noch stehen, dreht sich um und wiehert Muttern zu sich ran. Und das meine ich so: Nicht seiner Mutter zu, sondern mit der deutlichen Anweisung an seine Mutter nun bitteschön wieder zu ihm zu kommen. Diese Chance gibt er ihr aber nur einmal. Wenn sie dann nicht prompt folgt, geht er eben komplett unaufgeregt allein zur Herde zurück.

Dance bekommt natürlich jedes Mal einen hysterischen Anfall, wenn ihr Sohnemann sich derart weit entfernt. Mit 2 Helfern versuchen wir also das selbstbewusste Fohlen wieder zum Tor zu treiben. Das wird aber schnell durchschaut: Mit schwebenden Trabtritten und hochgerecktem Schweif weicht er seinen Verfolgern gerade weit genug aus, um ihnen quasi noch den Stinkefinger vorzuhalten.

An Aufhalftern ist ebenfalls nicht zu denken, weil der Kleine natürlich sofort Lunte gerochen hat und ohne Fohlen weigert sich Dance hartnäckig zu fressen. Auch das Verlassen der Weide im flotten Trab, um die Phase des Nachdenkens am Tor für das Fohlen gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist genau 1 Mal erfolgreich. Spätestens nach diesem einen Versuch ist auch jeder weitere Versuch eines Hinterhalts enttarnt. Das Spiel wiederholt sich aber 3 Mal täglich, sehr zur Freude aller Zuschauer, die sich bei unseren Bemühungen das selbständige Fohlen mitzunehmen regelmäßig vor Lachen den Bauch halten!

Für Alle mit ähnlich selbstständigen Fohlen hier unsere zuverlässige Lösung: Die Zufütterung in einem abgeteilten Abschnitt auf der Weide in Sichtkontakt zum Fohlen oder die Mitnahme der kompletten Herde. Leider wurde Ben außerdem erst im Alter von knapp 2 Monaten das Futter wichtig genug, um selbst wirklich ernsthaft mitzufressen. Ab dann gestaltete sich auch seine Mitnahme zum füttern erheblich leichter.

26.05.2010 Fototermin

Nachdem der Kleine uns regelmäßig Machomäßig einen auf der Weide vorsteppt, wollte ich das Ganze nun zum ersten Mal auf einem geraden Platz sichten und per Kamera festhalten.
So viel zur Absicht, nur die Pferde hatten andere Pläne: Stütchen roch Lunte, als wir zielstrebig ankamen und hatte nichts Besseres zu tun, als erst einmal die Flucht zu ergreifen (gehts noch?). Sauste also mit dem Sohnemann erst mal ein paar wilde Runden kreuz und quer über die Weide. Als wir Madame dann eingefangen und die Zwei auf den Platz manövriert hatten, weigerte sich der Bub erst mal hartnäckig zu traben (jedenfalls sobald ich die Kamera in der Hand hatte).
Hätte ich doch nur einfach auf der Weide schon draufgehalten, aber nein, der Platz sollte es sein!

29.05.2010 - Endlich ein Name!

Eigentlich sollte er ja Ben Balou heißen, also frei übersetzt „Sohn des Balou“, was seiner väterlichen Ahnenreihe Ausdruck gegeben hätte. Aber wie ein Balou sah das quietschfidele Halbbluthengstfohlen eben so gar nicht aus. Es blieb der Rufnahme Ben und nach langer Überlegung schlug eine Freundin „Ben White Socks“ vor. Erst einmal großes Gelächter, aber es passt! Und so wurde der Weißgesockte nach langer Überlegung wie ich finde doch trefflich benannt.

08.10.2010 - Brenntermin

Trotz seiner durchaus eigenwilligen Vorstellungen vom Kontakt mit dem Menschen benahm Ben sich in allen Belangen stets kooperativ, sobald man ihn erst einmal erwischt hatte. Dass dies stets mit List oder erhöhtem Personenaufwand verbunden war, dürfte nach den bisherigen Schilderungen auch klar sein.

Nachdem das Aufhalftern und Führen bereits recht manierlich klappte, fehlte nur noch das Anbinden in Bens Repertoire. Dieses Experiment klappte absolut problemlos bereits im ersten Anlauf. Bens einziger Einwand: Angebunden sein ist langweilig!

Am Brenntermin wurde Bens Geduld dann zum ersten Mal in seinem Leben so richtig auf die Probe gestellt. Der Brennbeauftragte steckte im Stau und die Pferde standen angebunden, während Minuten zu Stunden wurden. Witzigerweise war Dance von diesem Umstand deutlich mehr genervt als der Kleine, der sich als absoluter Musterknabe entpuppte. Dance dagegen gab erst Ruhe, als ihr Heu vorgelegt wurde.

Das Brennen an sich ging so schnell, dass Ben gar nicht so richtig reagierte. Beim Chippen war er dann vorgewarnt, der Brennbeauftragte aber trotzdem flink genug, um ohne große Halteaktionen das Fohlen frei stehend zu Chippen. Ben war im Gegenzug so verblüfft, dass er zwar heftig reagierte, aber bis dahin schon alles gelaufen war. Eine Versöhnung mit dem Brennbeauftragten lehnte er dann zwar ab (man lässt sich ja nicht noch ein drittes Mal linken), aber der fuhr dann ja eh wieder und somit war seine Welt schnell wieder in Ordnung.

01.12.2010 - Absetzen

Heute wurde Ben abgesetzt. Aber treffender wäre es zu sagen, seine Mutter wurde abgesetzt. Ihn scheint die Trennung jedenfalls nicht weiter gestört zu haben, während Dance außer Sicht- und Hörweite deutlich irritiert reagierte. Seine Herde blieb ja erhalten, da gibt es doch keinen Grund seine Mutter zu vermissen, oder?

Im letzten Monat suchte er Dance ohnehin eigentlich nur noch gelegentlich zum Trinken auf und zog die Gesellschaft seiner Kumpels eindeutig vor. Erst als einer der neu in die Gruppe gekommenen Absetzer seine Mutter als Adoptivmutter auserkoren hatte und ihr nicht mehr von der Seite wich, schien er wieder Gefühle für seine Mutter zu entwickeln. Wobei diese Gefühle eher ein Anspruchsdenken zu sein schienen. Wer wagte es da, an Dances Euter zu saufen? Frechheit! Wütend wurde der Milchdieb am Euter seiner Mutter verscheucht und Dance mit Hingabe vor diesem Eindringling bewacht. Das störte ihn dann plötzlich doch. Wo gibts denn auch so was, einfach mit fremden Müttern anbandeln!

29.04.2011 – Ben auf Reisen

Pünktlich zur Weidesaison wechselt Ben in seine Aufzuchtunterkunft. Der Spediteur mit Hänger ist bestellt und so bin ich etwas verwundert, als stattdessen pünktlich zum Abholtermin ein riesen LKW auf den Hof rollt. Der Sachverhalt ist schnell geklärt: Das vorher transportierte Pferd hat 2 Stunden getobt, bevor es auf den LKW ging und so geriet der Zeitplan durcheinander. Um nicht zu spät zu kommen, wurde das Gefährt also nicht wie geplant ausgewechselt, sondern es wurde kurzerhand mit dem LKW direkt zum nächsten Termin gerauscht.

Skeptisch betrachte ich also dieses Monster aus Stahl und denke noch so bei mir, wie viel Zeitverzug mein Jüngling wohl noch verursachen wird... Mit Überraschungen ist schließlich immer zu rechnen. Und überrascht hat er mich dann auch, der Kleine! Aber nicht wirklich so, wie ich mir das ausgemalt hatte. Der stapfte nämlich schnurstracks neben mir her die Rampe hoch, als hätte er das schon tausend Mal vorher getan. Der Spediteur lachte nur; so würde er sich alle seine Kunden wünschen! "Wie ein Großer, der Kleene!"

Die Fahrt verlief problemlos und Ben marschierte im neuen Heim ebenso souverän die Rampe hinab, wie er zuvor eingestiegen war. Auch die neue Umgebung und die anderen Jährlinge im Paddock neben ihm, nahm er zwar kurz zur Kenntnis, wandte sich dann aber erstmal der Heuraufe zu.

Bei der schrittweisen Zuführung der anderen Jährlinge musste ich mir um den jungen Mann dann keine Sorgen machen. Der zwickte gleich frech zurück, wenn die Anderen ihm auf den Pelz rückten. Ein bisschen Show und Steigen musste schon sein, aber er zeigte sich insgesamt äußerst unbeeindruckt von den Neuen. Innerhalb kurzer Zeit zwickte er sich bereits den Weg zwischen zwei Hintern frei zum Heu. So kann man einen Jährling unbesorgt zurücklassen!

 04.11.2012 - Endlich ein Update!

Nach langer kreativer Pause im Tagebuch nun endlich wieder Stoff für ein Update. Ben ist mittlerweile ringsum getüvt und kastriert, bewohnt aber trotz des Verkaufs noch immer seine bisherige Hengst-WG. Noch - muss man sagen, denn bald schon ist der Umzug in den anderen Stalltrakt des selben Hofes geplant, wo ihn dann der Ernst des Lebens erwartet.

Ben_anreiten
Ben_anreiten

16.06.2013 - Der Ernst des Lebens beginnt!

Nach gewissenhafter Vorbereitung vom Boden aus ist es nun endlich soweit: Ben wurde angeritten! Dances Erstling hat sich dabei als äußerst kooperativ und cool erwiesen. Dafür hat er sich vom Bodenpersonal doch tatsächlich den Spitznamen "Streber" eingehandelt, weil er immer ganz unerschrocken bemüht ist, alles richtig zu machen.

Da lacht das Züchterherz! Sophia, ich bin total stolz auf euch, das habt ihr wirklich toll zusammen gemeistert!

27.04.2014 - Ein bisschen Spaß muss sein!

Heute erreichen mich Fotos von Ben, die unbedingt hergezeigt gehören. Abwechslung im Reitpferdealltag - jeder redet davon, auch mal was anderes zu machen als nur in der Halle dressurmäßig zu arbeiten.

Bei Ben sieht das Programm dagegen wirklich bunt aus! Was liegt auch näher als mit einem noch nicht einmal ganz 4-Jährigen Pferd zu einer kostümierten Reiter-Rallye aufzubrechen? Ben hat sich wie gewohnt mustergültig benommen, sich den neuen Aufgaben ganz selbstverständlich gestellt und gemeinsam mit seiner jungen Reiterin jede Menge neue Eindrücke gewonnen. Nur neben dem bunten Treiben brav rumzustehen bis er dran ist, das fand er nun wirklich unnötig!


05.12.2014 - Satteleindrücke

Statt wie geplant Ben einen Besuch abzustatten und Sophia beim Reiten zuzusehen, stand plötzlich die Frage im Raum "Oder willst du ihn selber reiten?" Und wie ich will! Das Angebot seine selbst gezogenen Pferde mal selbst unter dem Sattel erleben zu dürfen muss für jeden Züchter das Größte sein, dem ernsthaft an Reitpferdeeigenschaften gelegen ist.

Trotz den winterlichen Temperaturen entschließen wir uns zu einem Ausritt. Ben nickt beim putzen im Sonnenschein beinahe ein. Woran erkennt man noch gleich das sensible, spritzige Pferd, das er abstammungsgemäß sein müsste? Aber kaum habe ich in seinem Sattel Platz genommen, ist sofort klar, dass Ben keine extra Aufforderung braucht, um auf Arbeit umzuschalten. Stets fleißig ausgreifend marschiert er los. Auf jeden Tempo- oder Richtungswechsel eine prompte Reaktion, dennoch stets cool. Gelassenheit und Sensibilität ideal vereint. Dann kommt die erste Galoppstrecke am Hang. Ben kennt natürlich den Weg, aber ist dennoch Gentleman genug die heiß ersehnte Hilfe abzuwarten. Dann geht es aber los - mit vollem Einsatz!

Als ich zuletzt beseelt absteige ist klar; Ben hat alle meine Erwartungen erfüllt und übertroffen! Was für ein unbeschreibliches Hochgefühl so viel Arbeitseifer in einem stets ausgeglichenen Youngster vorzufinden. Mit diesem winterlichen Ausflug hast du mir einen echten Herzenswunsch erfüllt, Sophia!

31.12.2014 - Silvestergrüße

Eine kleine Nachricht zum Jahreswechsel hat mich ganz besonders gefreut: Sophia und Ben haben offensichtlich Spaß im Schnee! Ben beweist seine Vielseitigkeit neuerdings auch vor dem winterlichen Schlitten. Vielen lieben Dank für das Begleitfoto dieser Gelassenheitsprüfung der anderen Art!

Ben_Reiten1
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Ben_Reiten2
Ben_Reiten2

Herbst 2018 - Fotoupdate

Zur Abwechslung mal ganz ernsthaft und dressurmäßig vor herbstlicher Waldkulisse.