Warum L'Elu de Dun AA?
Nachkommen dieses Hengstes aus meiner Zucht:
Die Suche nach einem guten Angloraaber mit Erfolgen im Springsport gestaltet sich in Deutschland wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Unser Nachbarland Frankreich hat da deutlich mehr zu bieten, denn diese Zucht ist seit Generationen auf Springleistung ausgelegt. Dort nimmt der Angloaraber auch aktiv am hochklassigen Sportgeschehen teil. Allerdings muss der Hengst ja auch im Frischsamenversand in Deutschland verfügbar sein und da wird die Auswahl übersichtlich.
Als ich voller Euphorie den Namen meines Wunschkandidaten für meine Maidenstute Lucia im Bekanntenkreis bekannt gab, schlug mir meist verhaltene Begeisterung entgegen. "Welcher Hengst? Wie spricht man das aus?" waren noch die nettesten Reaktionen. (L'Elu heißt übrigens Abgeordneter/ Volksvertreter auf französisch) "Was willst du mit einem Angloaraber? Ist das nicht zu viel Blut?" Ich staune; denn dass ich Blutpferde schätze, dürfte niemanden wirklich überraschen. Und ich finde der Hengst hat wirklich etwas zu bieten, wenn man in die Details einsteigt. Hier also das Ergebnis meiner umfangreichen Recherchen.
Eigenleistung
Bei der Eigenleistung von L'Elu de Dun fällt bei näherer Betrachtung vor allem auf, dass mit schöner Regelmäßigkeit Siege und Platzierungen in 1,35m bis 1,45m Springen über 11 Jahre (!) und eine Platzierung auf 1,50m Niveau zu Buche stehen. Das brachte eine Lebensgewinnsumme von knapp 45.000€ ein. Das spricht für sich in Sachen Sportleistung und Härte.
Noch beeindruckender finde ich seine gute Einstellung im Sport und unkomplizierte Bedienbarkeit bei hoher Leistungsbereitschaft. Im Parcours überzeugt er mit absoluter Leichtrittigkeit und guter Geschmeidigkeit am Sprung bei genügend Kraft. Der kann Druck erzeugen und muss nicht durch Geschwindigkeit ausgleichen.
Im Vergleich zu vielen anderen Angloaraberrn überzeugt mich hier eine Galoppade, die wenn schon nicht klassisch Bergauf, dann zumindest gut getragen, leicht und ausgreifend ist. Während manche seiner weniger vermögenden angloarabischen Kollegen schon mal kleine kratzige Galoppsprünge auf dem letzten Metern zum Sprung einbauen, drückt dieser immer selbstsicher ab, wenn es weit wird. Das ist ein Pferd, das springen kann und das auch weiß. Ich mag diese Souveränität am Sprung, den keine Situation im Parcours in Verlegenheit bringt. Das spricht für eine gute Einstellung zum Sport und eine gewisse Cleverness.
Erwähnenswert sind darüber hinaus die anlässlich seiner Anerkennung in Deutschland auch nach seinem Sporteinsatz als "sehr gut" eingestuften Röntgenbilder. Gute Gesundheit und Härte sind immer ein Pluspunkt und er sieht auch mit seinen 20 Jahren noch bemerkenswert unverbraucht aus.
Abstammung
L'Elu de Dun ist der einzige gekörte Sohn seines Vaters Prima D'Or AA, der mit 13 Jahren viel zu früh an einer Kolik verstarb. Dieser brachte es mit einer Größe von 1,70m auf ein recht stattliches Maß. Im Parcours war er enorm gelassen und dennoch mit ganz viel Ehrgeiz und Mut ausgestattet. Prima D'Or stammt aus einer Vollblutfamilie und hat sich unter Aldrick Chéronnet im Springsport einen Namen gemacht, weil er in ganz Europa in Nationenpreisen und auf Weltcup Niveau erfolgreich war (z.B. Sieg im Grand Prix von Poznan/POL, Millstreet/ IRL). (ISO 167)
Die ersten Nachkommen von Prima D'Or waren im Vergleich zu den Müttern deutlich verbessert, obwohl manche Zweifel an seiner Vererbung hatten, aufgrund der Tatsache, dass er der einzige im Springen so hoch erfolgreiche Nachkomme seines Vaters blieb. Er ist dennoch für seine gute Vererbung in Springsport und Vielseitigkeit gleichermaßen bekannt. Er ist ein "chef de race" für den Angloaraber in Frankreich mit einem überdurchschnittlichen Wert von ISO 143 in der Zucht.
Für diesen Erfolg stehen seine Nachkommen Kenza du Py AA, Nymphe D'azur AA, Keep Cool D'Allez, die alle über 1,35m im Springen platziert sind. Kaline de Dun AA war in der Vielseitigkeit hoch erfolgreich, startete als Championesse der 5-jährigen in Frankreich und dann auf internationalem Niveau bis 4 Sterne inklusive Olympia Nominierung bzw. wurde für Lexington gehandelt, als sie im Jahr 2010 durch einen Knochenbruch bei einem Unfall auf dem Paddock viel zu früh verstarb. L'Artiste de Ceran ist ein weiterer Nachkomme, der als Hengst im Busch bis CCI2** Erfolge verbuchen kann.
Prima d'Or ist weiterhin Muttervater des bekannten Deckhengstes Orient du Py AA mit Erfolgen bis 1,45m, darunter ein 3. Platz beim CSI*** in Caen 2011.
Auch der Mutterstamm von Prima D'Or (Fleur des Pres) kann sich sehen lassen, ich möchte mich aber hier nur auf die nächste Verwandtschaft konzentrieren. Die Halbschwester seiner Mutter brachte den im Springen bis 1,50m erfolgreichen Little Rouge und eine weitere Halbschwester ist Großmutter des Vielseitigkeitspferdes Rejoind Moi mit Erfolgen in 3***-Sterne Prüfungen.
Auch der Muttervater Fol Avril AA hatte selbst Erfolge im Sport bis 1,40m und einen ISO von 148, bevor er 1982 seine Deckkarriere in Pompadour begann. Er ist eine Legende unter den Angloarabern und u.a. Muttervater von der Vererbergröße und Ausnahme-Springsportler Fusain du Defey AA (ISO Sport 162), der auch Vater des Nathan de la Tour AA im Landgestüt Marbach ist. Die Nachkommen von Fol Avril konnten sich oft schon in Jungpferdeprüfungen in Szene setzen und schafften es bis in die hohen Klassen des Springsports; siehe u.a. Volcelest du Gat AA (1,60m), Vassal du Defey AA (1,40m), Uppee du Gat AA (1,40m).
Die Schwester von L'Elu de Dun, Mille Fleurs de Dun, wurde nach Belgien verkauft und ist im Vielseitigkeitssport aktiv.
Aus dem Stamm
Trotz der relativ geringen Verbreitung des Stutenstammes von L'Elu de Dun haben mich die sportlichen Ergebnisse daraus überzeugt. Der Stamm ist klar von der Ausrichtung auf den Springsport geprägt. Es finden sich mit schöner Regelmäßigkeit Pferde für über 1,35m (Ultrachic de Brial, Bhabar, Volcan Rouge, Bosco de Lerzy, Indy Star, Vici Jem Liberty), über 1,50m (Kalimba Champeix, Giramondo) und sogar mit FEI Erfolgen in 1,60m (Karl de Pinas, Top Bras de Fer). Mit Thalia L'amraurial gibt es auch ein Vielseitigkeitspferd bis CIC3***.
Gekörte Hengste aus diesem Stamm: Bamako AA, Favory AA (Holstein), Jour de Paques AA, Fleuron de Dun AA
Zumindest der in Deutschland wirkende Favory AA ist kein Unbekannter und hat eine durchaus beachtliche Bilanz in der deutschen Pferdezucht vorzuweisen. Er hat selber eine Eigenleistung mit Erfolgen in S-Springen in Deutschland. Von 35 bei der FN eingetragenen Nachkommen in Holstein, haben 5 S-Erfolge (14%) erreicht und es gibt 2 gekörte Söhne.
Nachkommenleistung
Sein Einstand als Vererber ist L'Elu de Dun hervorragend gelungen. Im ersten Jahrgang wurden zwar gerade einmal 11 Fohlen geboren, davon sind dann aber 3 bei den 4-jährigen beim französischen Bundeschampionat 2011 angetreten, darunter auch der Finalteilnehmer Tsar du Manaou. Wenn das keine gute Quote ist, weiß ich es auch nicht...
Sein erfolgreichster Nachkomme ist bis heute eben dieser 12-jährige französische Angloaraber, der in der 3*** Sterne Vielseitigkeit im Haras du Pin 2017 bereits an 7ter Stelle platziert war, sowie ebenfalls in 1,30m Springen rangiert. Don Pedro Ville AA ist ein weiterer Nachkomme mit Erfolgen bis auf 1,30m Niveau. Zwei weitere Nachkommen haben nationale Erfolge in 1,20m und 1,25m Klassen (Collande du Sacradel, Cuyouki des Abatux).
Man sollte berücksichtigen, dass diese Nachkommenleistung sich aus lediglich 24 eingetragenen Sportpferden in Frankreich rekrutiert. Das ist eine Quote von knapp 17% in den Klassen M und S. Man darf also gespannt sein, was der Hengst mit einer größeren Bedeckungszahl bewirken kann.
Anpaarungsentscheidung
Dies ist ein Hengst mit trockenem Ausdruck und hoher Korrektheit. Im Seitenbild sehe ich ein Pferd mit Größe und überzeugender Oberlinie, die keinen Hinweis auf die arabischen Ahnen zulässt. Modell und Bewegung wurden bereits bei seiner Beurteilung in Frankreich als 4-jähriger sehr positiv hervorgehoben.
Wenn er das mitgeben kann und dabei das Springen erhält, wäre schon viel erreicht. Er verkörpert für mich im Parcours genau das, was ich sehen möchte. Dazu gibt es genug erfolgreiche Pferde aus dem Stamm, um ihn auch als Vererber attraktiv zu machen. Und letztlich ist Zucht immer auch ein bisschen Hoffnung auf eine besonders gelungene Kombination der Gene.
Die Entscheidung für L'Elu de Dun AA ist sicher Herz über Kopf. Ich sehe mir immer die Vererbungsleistung eines Hengste an und berücksichtige dafür natürlich auch Datenmaterial der FN/ FEI bzw. in diesem Fall einen ISO von 148, was überdurchschnittlich ist. Allerdings ist dies für mich nichts weiter als eine Zahl. Dagegen gibt es Attribute an einem Hengst, die sich schlecht in einer Zahl ausdrücken lassen, die ich suche und schätze. Selbst wenn es Hengste mit höheren Zuchtwerten gibt, muss jener Hengst deswegen nicht zu meiner Stute oder meinem Zuchtziel passen.
Ich gebe zu, dass in diesem Fall die Anzahl der Nachkommen, die ich beurteilen konnte, sehr niedrig ist. Mir ist bewusst, dass Selbstdarstellung und Vererbung nicht gleichbedeutend sind. Dennoch vertraue ich lieber auf mein eigenes Urteil, denn in jedem Fall werde ich mit dem Ergebnis meiner Anpaarung ausbaden müssen.
Warum für meine Stute?
Lucia hat trotz ihres hohen Blutanteils genug Substanz und Rahmen, um meinen Traum von einem Rückschluss auf einen Angloaraber wahr zu machen. Auch wenn ich in meinen Handlungen gern flexibel bleiben möchte, um das tatsächlich entstehende Pferd mit seinen Qualitäten und Schwächen zu würdigen, war der Plan bereits bei der Entscheidung für ihren Vater Hermes de Lux (von Hermes D'Authieux AA) der spätere Rückschluss auf dieses Blut. Also erst die Kreuzung über eine Anpaarung mit einem hoch im Blut stehenden Pferd (in diesem Fall ein Halbblüter mit Angloarabischen Vater), dann die Konsolidierung mit einem reinen Angloaraber. Das nennt man dann in Generationen denken. Ich glaube nun tatsächlich bei der Beurteilung von Lucia, dass sie davon wunderbar profitieren kann.
Lucia schätze ich als deutlich geschmeidiger ein, als ihre Mutter. Sie profitiert von dem Löwenmut, der sich durch die ganze Mutterlinie zieht. Sie hat in der Aufzucht bisher außer für Routinekram wie Impfungen keinen Tierarzt gesehen. Sie ist ohne jeden Zweifel das unkomplizierteste und kooperativste Fohlen, das ich bisher hatte. Eine gewisse Menschenbezogenheit sagt man ja gern den Arabern nach. Ob dazu der Spritzer Araber in ihrem Pedigree den Ausschlag gegeben hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Fakt ist, dass mir ihre aufgeschlossene und freundliche Art gefällt.
Auffällig bei den Nachkommen von L'Elu de Dun sind neben der Sporteignung ein guter Charakter, die gesicherte Größe und die guten Röntgenergebnisse. Um Charakter und Größe mache ich mir bei meiner Stute keine Sorgen, aber gute Röntgenwerte nimmt man als Züchter natürlich immer gern zur Kenntnis. Daran sind in Zeiten von Röntgen TÜVs schon viele Hoffnungen zerbrochen.
Bei dieser Anpaarung sind natürlich alle Daumen gedrückt für ein Stutfohlen zur Weiterzucht. Diesen sorgsamen auf Springen konsolidierten Blutaufbau betrachte ich als sehr wertvoll. Das Fohlen kommt in jedem Fall aus einem hervorragenden Stamm mit Sporterfolgen in allen 3 Sparten auf höchstem Niveau mit einem Blutanteil von knapp 70%.
Nachtrag Mai 2020:
Mit der Geburt von Legacy ist innerhalb von Stunden klar: Das wird wiederholt! Er ist ein rundum gelungenes Fohlen mit viel positivem Vollblut-Einfluss, viel Muskulatur und Riss. Den als Stutfohlen, das wäre ein Traum!
Nachtrag Juni 2022
Manchmal ist der Weg lang, aber die Freude dafür umso größer, wenn es klappt wie gewünscht: Luciana in the Sky is da! Das heiß ersehnte Stutfohlen aus dieser Anpaarung. Im dritten Anlauf hat es dann geklappt und was hat sich das Warten gelohnt!